Bundesrat verweigert "Service Public"-Diskussion

21.08.2015

Landesregierung will nicht über Vorstösse der Aktion Medienfreiheit reden

Dunkle Wolken in der Schweizer Medienlandschaft: Zwei Monate nach der denkbar knappen RTVG-Abstimmung kündigt der Bundesrat an, die zu Unrecht erhobene Mehrwertsteuer nicht an die Gebührenzahler zurückzuerstatten. Gleichzeitig lehnt die Landesregierung eine ganze Reihe von Vorstössen der Aktion Medienfreiheit ab. Nach Auffassung des Bundesrats ist es "nicht sinnvoll" über Budgets und die Kosten des "Service Public" zu diskutieren. Damit wird klar: In seinem Bericht zum "Service Public" will der Bundesrat keine Alternativen und Verbesserungsvorschläge diskutieren – Ziel ist das Festhalten am Status Quo. Die Landesregierung will keine Medienvielfalt, sondern eine starke SRG.

Nach dem hauchdünnen Ausgang der RTVG-Abstimmung vom 14. Juni (50,08%) bemerkte Bundesrätin Doris Leuthard, das Resultat zeige ein "Unbehagen in der Bevölkerung". Sie versprach, es werde "bei der Diskussion über den Service Public kein Tabu geben" (Basler Zeitung vom 15. Juni 2015). Nur zwei Monate später tönt es ganz anders: Der Bundesrat lehnt etliche Vorstösse der Aktion Medienfreiheit ab: Eine Diskussion über die angesprochenen Themen sei nicht sinnvoll, die gesetzlichen Grundlagen seien klar und mehr Mitspracherechte des Parlaments seien abzulehnen.

Die Antworten des Bundesrats zeigen: An den angekündigten "Service Public"-Bericht darf man keine hohen Erwartungen haben. Dies unterstreichen die negativen bundesrätlichen Antworten auf etliche Vorstösse der Aktion Medienfreiheit in aller Deutlichkeit:

Po. Rickli (15.3636):
Eine Diskussion über "die Budgets der SRG bzw. die Höhe der Medienabgaben" erachtet der Bundesrat "nicht als sinnvoll" – dies "erschwere" die Diskussion über die inhaltliche Definition des "Service Public".

Po. Wasserfallen (15.3618):
Es sei nicht möglich, so der Bundesrat, beim "Service Public"-Bericht den Subsidiaritätsgrundsatz der Bundesverfassung verstärkt zu berücksichtigen und nur dort Aufträge an die SRG zu prüfen, wo kein entsprechendes Angebot privater Anbieter vorliegt. Dies würde die Diskussion zu stark einengen.

Mo. Maier (15.3747):
Diesen Vorstoss empfindet der Bundesrat als "problematisch". Es sei nicht statthaft, dass das Parlament auf die Höhe der Empfangsgebühren Einfluss nehmen wolle – dies gefährde die Unabhängigkeit der SRG.

Po. Romano (15.3769):
Eine Diskussion, wie der Online-Auftritt der SRG begrenzt werden könnte, da es bereits genügend private Online-Angebote gibt, erachtet der Bundesrat als "nicht sinnvoll" – die Angebote der SRG müssen "attraktiv, nutzergerecht und konkurrenzfähig" sein.

Po. Rutz (15.3419):
Die SRG sei ein privatrechtlicher Verein, der nicht nach Gewinn strebe. Darum solle sich der Bund, so der Bundesrat, auch nicht in die Diskussion über die passende Rechtsform für die SRG einschalten. Auch eine Beteiligung des Bundes an der SRG sei nicht sinnvoll, da diese so nicht mehr unabhängig wäre.

Auch weitere Vorstösse aus den Reihen der Aktion Medienfreiheit lehnt der Bundesrat konsequent ab. Der Vorstand der Aktion Medienfreiheit ist tief besorgt über diese kategorische Gesprächsverweigerung der Landesregierung. Gilt das Versprechen, eine offene, demokratische Diskussion über den "Service Public" zu führen, nun bereits nicht mehr?


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